Outtakes

Hier findest Du Geschichten, Bilder und Videos zu unseren fünf Wochen in Mexiko, die unser Zusammenleben/-arbeiten und die Stimmung vor Ort wiedergeben.

Are we screwed oder kann das genagelt werden?

Es gibt Themen, bei denen ist man froh, wenn man sie abgeschlossen hat. Solche, über die man am besten nie wieder nachdenken möchte. Eines davon ist die Borsalz-Wanne. Was hatten wir genug am Ende, nie wieder Borsalz kochen… aber darüber lasse ich lieber Adrian schreiben. Ein anderes Thema waren unsere lang ersehnten Schraubenspenden. Zwei Hersteller hatten wir gewonnen. Zwei großzügige Sachspenden, um unsere Holzkonstruktion in Mexiko aufstellen zu können. Was waren wir euphorisch als wir dachten, wir hätten diesen wichtigen Bestandteil des Baumaterials gesichert. Nicht im Handgepäck sollten wir die Schrauben mitnehmen müssen, nein, sogar für eine internationale Spedition wurde gezahlt. Was waren wir euphorisch, vielleicht zu euphorisch.
Das Ende vom Lied (zum Glück nicht von der Baustelle) war, dass ich nichts mehr über Schrauben hören will!
Ok, Spaß beiseite… da es aufgrund von Zollschwierigkeiten (und vielem mehr, welches diese Ausführung sprengen würde) leider nur eine Schraubenspende bis auf die Baustelle geschafft hat, waren wir fast täglich damit beschäftigt umzuplanen. Gewindestangen, wenn ja, wie viele, welcher Durchmesser… oder doch ein paar Schrauben vor Ort kaufen? Wie lange warten wir noch und hoffen, dass es die Spende doch noch durch den Zoll schafft? Was haben wir sonst noch für Möglichkeiten? Was halten die vor Ort erhältlichen Schrauben eigentlich? Kann man das auch nageln? Wie viel Nägel sind in einem Kilo? Wer hat die Schrauben gestohlen und anderswo verbaut, die wir extra für diese eine bestimmte Sache gekauft haben? Fragen über Fragen, jeden Tag. Wäre vieles einfacher gewesen, wenn die Spenden es rechtzeitig auf die Baustelle geschafft hätten? Wahrscheinlich. Hätten unserer lieben Architekten dabei viel über Schrauben und Nägel gelernt? Wahrscheinlich nicht. Hat wohl doch auch eine gute Seite gehabt.
Trotzdem hatten wir noch lange Zeit Hoffnung. Hoffnung, dass unsere Schrauben doch noch schnell und günstig durch den Zoll kommen. Am Ende hat uns neben der ganzen Umplanung wohl aber auch ein unerwartetes Überbleibsel der 1. Bauphase gerettet. Eine ganze Kiste hochwertiger Holzschrauben waren im letzten Jahr übriggeblieben und für den mexikanischen Markt nicht zu gebrauchen. Wer braucht denn schon 300mm lange Teilgewindeschrauben mit Torxkopf, wenn er Holz als minderwertiges Baumaterial ansieht? Unser deutscher Holzbau hat sich gefreut und mit ihm die deutschen Holzbauer. Und jetzt, bitte keine Fragen mehr zu Schrauben. Außer etwa, Sie hätten Verwendung für ein paar übriggebliebene Betonschrauben, in Mexiko, irgendwo bei Oaxaca, zusammen mit viel Corona (das ist so ein regionales Getränk, falls sich jemand erinnert), Tacos und Tortillas.

Markus Hartel

Heute gibt’s Suppe!

Du gehst in den hinteren Teil der Baustelle. Du läufst Slalom durch den Kakteengarten, den Du mittlerweile mit verbundenen Augen durchqueren könntest ohne dir die Beine aufzukratzen. Du siehst die schwarze Folie und stellst fest, dass Du nichts siehst. Das kann doch nicht wahr sein. War wohl doch wieder ein Stein unter der Folie – oder das letzte zusammengeschnürte Paket zu schwer? Wurde beim Eintauchen des Holzes nicht genug aufgepasst? Oder vielleicht schwinden langsam einfach die Kräfte. Mehrmals täglich die Borax-Wanne befüllen ist sowieso das Letzte. 

Adrian, die Wanne ist wieder leer. Dieser Satz hat mich nachhaltig geprägt. Jeden Morgen auf’s Neue nachschauen, ob die Borax-Wanne voll, halbvoll oder nur aus einem dreckigen Rinnsal besteht. Leider viel zu oft war es Letzteres. Nun gut - Feuer machen, Töpfe und den maßgeschneiderten Rührstab bereitlegen, Wasser kochen und Borax sowie Borsäure hinein. Erneut bei über 30° Celsius in der Sonne stehen und versuchen die betörenden Dämpfe nicht einzuatmen. Der weiß-gelbliche Schaum geht zurück, die Salze haben sich unter stetem Rühren aufgelöst. Nächste Portion fertig. Du hättest wohl lieber eine Grillfeier veranstaltet.

Das ganze Prozedere weglassen geht aber auch nicht, so sehr Du es dir manchmal auch wünschst. Das Baden des Holzes in der Lösung aus Borax und Borsäure ist notwendig, um es vor Termiten oder anderem Befall zu schützen. Erst nachdem es zwei Tage zugedeckt trocknen konnte, kannst Du das Holz weiter verbauen. Doch zum Glück ist heute noch fast alles drin. Die Lösung ist hochkonzentriert genug – einfach Wasser nachschütten. Das heißt kein wiederholtes Ausbessern des Lochs, keine neue Folie und Du liegst nicht bäuchlings darunter um nach Steinen zu suchen. Jetzt brauchst Du nur noch vier weitere, die helfen das nächste Paket einzuheben. Doch da verhält sich das Austauschen der Borax-Pakete ähnlich zum Putzen der Toiletten - alles, wirklich alles andere ist wichtiger. Fast unglaublich, wo die Leute überall auf einmal dringend gebraucht werden.

Zwei bis drei Badegänge pro Tag waren eingeplant, um die tragenden Teile der Konstruktion in der Lösung baden zu können. Jedes Stück muss gebadet werden, und es gab viele Stücke. Jedes Loch und damit jede Verzögerung betrifft auch den gesamten Bauablauf.
Wenn dann die Töpfe klappern und das Feuer knistert, wussten alle: Heute gibt’s Suppe! Denn: Adrian, die Wanne ist wieder leer.

Adrian Hölzel

Bis aufs letzte Brett – Die multirecycelbare Schalung

Die Nachhaltigkeit und die Kosten müssen bei einem Projekt wie diesem ständig im Blick behalten werden. Es war daher geplant, die Schalungselemente für die Sockel mehrmals zu verwenden. Um das möglich zu machen, wurden die Schalpläne für die Sockel von Küche, Aula und Galerie Brett für Brett aufs Genaueste gezeichnet und schon vorher überlegt, welche Elemente wo mehrfach zum Einsatz kommen könnten. Die Schalelemente wurden dann vor Ort zusammengebaut, mit Schalungsöl (Sonnenblumenöl) eingepinselt, damit es sich leicht vom Beton lösen lässt, und an den für sie vorgesehenen Ort aufgebaut. Vorsichtig wurden sie nach dem Betonieren abgelöst und gesäubert.
Die Schalung der Aula konnte mit kleinen Ergänzungen aus den benutzten Schalungselementen der Küche zusammengebaut werden. Das ein oder andere Brett war zwar aufgrund der Feuchtigkeit des Betons ein wenig verzogen und locker, aber durch den Einsatz zusätzlicher Nägel konnte dem entgegengewirkt werden. Frisch eingeölt wurden sie für den Betonguss des Aulasockels vorbereitet.
Nachdem die Betonierarbeiten an Küche und Aula abgeschlossen waren, standen nur noch die Punktfundamente für die Galerie aus. Die Schalung wurde wieder gesäubert, zerlegt und für die kleineren Stützenfüße umgebaut. Trotz des bereits sehr schlechten Zustands der Bretter funktionierte das Vorhaben anfangs unter verstärktem Einsatz von Nägeln und Schrauben ganz gut. Gegen Ende und unter großem Zeitdruck mussten aber in einer anstrengenden Nachtaktion sämtliche Spanngurte und Schraubzwingen bemüht werden, um die letzten Sockel doch noch erfolgreich zu gießen. Alles, was an Brettern noch irgendwie brauchbar war, wurde letztendlich in der Aula als Unterkonstruktion für die Lehmwand verwendet, sodass kaum ein Brett grundlos verschwendet wurde.

Sarah Kayser

Diebische Elstern

Das Motto auf einer DesignBuild Baustelle mit über 20 Helfern ist immer: “Alles gehört jedem und dir gehört nichts”. Jeder der einmal bei einem dieser Projekte mitgewirkt hat, versteht was ich meine.
Alle Werkzeuge, die auf der Baustelle verwendet wurden, sind entweder gesponsert oder von unserer NGO Campo ausgeliehen gewesen. Manches haben wir auch selbst mitgebracht, jeder hat beispielsweise seinen eigenen Hammer von zu Hause in seinem Gepäck verstaut. Doch nach einiger Zeit waren die gesamten Utensilien entweder so verdreckt oder zu oft benutzt, dass das Namensschild eh nicht mehr lesbar war. Dann folgte auch schon bald: „Ich glaub das was meiner – ach oder vielleicht doch nicht, egal ich nehme den Mädchenhammer, der geht am besten.“ 

Ordnung war wichtig – das war zumindest unser Ziel, die Werkzeugkammer immer aufgeräumt zu halten. Jede Woche war jemand anderes für die Sauberkeit der Kammer verantwortlich, doch die Theorie und die Umsetzung in die Realität waren zwei verschiedene Paar Schuhe. Auftrag war es eigentlich alles wieder an seinen gewohnten Platz zurückzustellen, weil jedem nichts gehörte. Doch da jeden Morgen ein Wettlauf um die Akkuschrauber und Handkreissäge begann, wurde am Abend zuvor dem entgegengewirkt und alle benötigten Werkzeuge im „eigenen“ Schubkarren verräumt – „genau die gleichen Sachen brauchen wir ja morgen eh wieder“. Somit hatten manche am nächsten Tag eher schlechte Karten.
Und so kommen wir zum ewigen Kreislauf des Werkzeugklaus. Neben den eigentlich wichtigen Arbeiten kam diese, nicht im Bauzeitenplan verankerte Aufgabe, noch erschwerend hinzu. Die „Diebischen Elstern“ brachten uns nervlich an unsere Grenzen. Jeden Tag schlugen sie bei jemand anderen zu, doch manchmal traf es einen auch mehrere Tage hintereinander. Egal ob man ihn brauchte oder nicht, wichtig war es sich am Morgen erstmal einen Akkuschrauber zu sichern, denn was man hat, braucht man nicht mehr zu klauen - CHECK - die Handkreissäge deswegen die auch erstmal mit - CHECK - und wie war das mit den Gewindestangen? Die musste man selbst bestellen, auf die exakte Länge zu flexen und dann auch noch an die richtigen Muttern und Unterlagscheiben gedacht haben? Puh, dann nehmen wir doch lieber die fertige Packung wo Küche darauf steht – „die brauchen die gerade eh noch nicht, hat man gehört - ach und außerdem brauchen wir die ja heute und haben an alles andere zuvor irgendwie nicht gedacht.“ - CHECK
An was man nicht alles denken muss, wenn man bei einem DesignBuild Projekt mitmacht – WAHNSINN – Und dann kommt man zurück in die Werkzeugkammer und will nichtsahnend seine bestellten und fertig für den Einbau in die Dachbinder vorbereiteten Gewindestangen holen, da bauen die anderen gerade deine Utensilien in die viel zu kleinen Löcher der Stützenfüße ein und verbiegen dir alles was du genau jetzt brauchst – WAHNSINN – Feuer und Flamme kommst du zurück an deinen heutigen Arbeitsplatz, an dem du gerade den Dachbinder zusammenbauen willst, da bemerkst du – alle Zwingen, die du dir heute zurechtgelegt hast, einfach geklaut – WAHNSINN – „Wie soll man denn da richtig arbeiten?“ – WAHNSINN

Madlen Felber

Half a thumbs up! (A Note to Self)

Five weeks on the construction site and no one has been injured. Thumbs up. Like an abuela, you keep reminding everyone to stay focused and safety-conscious as the stress of the last week creeps in. Maybe it’s a little excessive, but on a construction site, too much safety is better than too little. “Mejor que sobre a que falte,” you think.
Five weeks on the construction site. Everyone has used the loudest, ugliest, most dangerous tools: the grinder and the circular saw, even the not-so-DIN-compliant table saw. And still, no one has been injured. At least not badly.
Then one day, you are gluing a piece of laminate onto plywood and think to yourself, “I’ll just give it one more rub to make sure it stays,” and the razor-sharp edge of the laminate cuts the tip of your thumb. No big deal, you think. A little blood, whatever, vuelvo en un segundo. You go to the health center, which is conveniently located next door.
Doctors and nurses are eating lunch, so you tell them “Buen provecho, estimadas,” as you hold your thumb aloft. No worries, really, please keep eating. You don’t want to interrupt them. It’s no big deal anyway.
Twelve stitches later, you realize your thumb isn’t looking too good. A substantial piece is missing, and the doctor confesses she was a little worried because you cut through a vein she wasn’t sure she could stitch up. You wonder if you would have stopped eating to stitch up someone’s finger. Probably not. Good thing you’re not a doctor.
Five weeks on the construction site. Does this at least entitle you to be melodramatic and claim that you left a piece of yourself in Quiané? Not so sure. Does having the dumbest, most unexpected accident you can think of mean that you will keep giving abuela-style reminders about safety? Probably. At least to yourself. Ok, maybe to others as well. Mejor que sobre, no?
It’s been three months, and the thumb still looks like it is grinning at you. Kind of ugly, but no big deal. It’s slowly coming back. Thumbs up. Or at least half a thumb.

Sebastián Oviedo

Genau so, nur anders!

An sich hat die Planung am Ende des Semesters gepasst, aber irgendwie sollte dann doch vieles GENAUSO, NUR ANDERS umgesetzt werden.
So mussten die Lamellen-Elemente, die Türen und die beweglichen Fensterläden so wie auch alles andere an das tatsächliche Aufmaß vor Ort angepasst werden. Es standen teilweise nur andere Holzquerschnitte zur Verfügung als ursprünglich geplant und dazu noch das ‚allbekannte Schraubenproblem’.
Also? – Stift raus! UMPLANUNG!
Damit das Regenwasser nach außen abfließen kann, sollten die Lamellen nun mit Neigung eingebaute werden. Das war in der Planungszeit in München schon einmal Thema, wurde jedoch wieder verworfen. Zusätzlich kam jetzt als unterer Abschluss noch ein ‚Opferbrett’ hinzu.
Was nun? – Stift raus! UMPLANUNG!
Da es für das Küchengebäude auch eine Innenraumplanung gab, wurde hier auch noch viel vor Ort umgeschmissen.
Aus Zeitknappheit wurden die L-förmigen Theken zu I-förmigen. Im Plan nur 2 kleine ‚X’ an den betroffenen Stellen – eigentlich super simpel – , beim Bau jedoch ein riesiger Rattenschwanz. Die Schalung der Betonarbeitsflächen musste geändert werden, da auch die hintere Aufkantung auf der Arbeitsfläche wegfiel. Natürlich sollten auch hier – wie sonst auch überall – die alten Schalungsbretter wiederverwendet werden.
Bedeutet? – Stift raus! UMPLANUNG!
Die Rückwand hinter der Spültheke war mit den bunt gemusterten Fliesen geplant, die sonst auch in einer typisch mexikanischen Küche zu finden sind. Auch hier machte uns die Zeit einen Strich durch die Rechnung. Um die hinter der Spüle liegende Lehmwand zu schützen, wurde eine mit Linoleum bezogene Platte mit kleiner Ablagefläche darüber angedacht.
Schon wieder? – Stift raus! UMPLANUNG!
Generell hatten wir mit der Spültheke unseren ‚Spaß’. Zusätzlich zu dem Ganzen kam noch hinzu, dass der Wasseranschluss an der falschen Stelle gesetzt wurde – das fiel leider erst auf, als der Estrich schon getrocknet war. Außerdem wurde eine komplett andere Art von Spüle ausgesucht, die in die Theke eingepasst werden sollte.
Ernsthaft, Leute? – Stift raus! UMPLANUNG!
Trotz des ganzen Stresses gab es ein Highlight, auf das wir uns besonders gefreut haben – den Ofen. Da in Deutschland nicht besonders viel über die Funktionsweise eines ‚estufa ahorradora de leña’ [Holzsparofen] heraus zu finden war, konnte man nun in Mexiko mit den Einheimischen reden und diese Art von Ofen verstehen. Zusammen mit Leuten aus der Gemeinde und der NGO Campo entstand ein für unsere Küche idealer Ofen.
Hier gab es allerdings ein weiteres Problem. Ein zweites Loch für ein weiteres Ofenrohr musste her.
Really really? – Stift raus...
...viele UMPLANUNGEN – aber es hat sich dann doch alles gelohnt!

Janina schuldt

Abgerutscht

Vier Lektionen für das nächste DesignBuild Team:
1. Ein sicherer Stand beim Schrauben hat durchaus seine Berechtigung.
2. Eine großzügige Menge Bier ist effektiver gegen Schmerzen, als Ibuprofen.
3. Ein Finger kann ziemlich dick werden, ohne zu platzen.
4. Es dauert ca. fünf Monate, bis ein kleiner Fingernagel vollständig nachgewachsen ist.

Dio Lins

Hide and Seek

„Gesucht wird der Moto-Taxifahrer, der die Deutsche zur Baustelle gefahren hat: Bitte schau, ob ein Schlüssel im Taxi liegengeblieben ist und gib ihn beim Kiosk in der Hauptstraße ab“, krächzt es aus den öffentlichen Lautsprechern. Dieser Sound ist mir vertraut. Jeden Morgen spätestens um 6 Uhr lässt mich ein Räuspern zusammenzucken, ich weiß, was jetzt kommt: Eine für die Uhrzeit viel zu laute Stimme scheppert durch den kleinen Innenhof, meinen Schlafplatz: RICOSTACOSDEPASTORBIENCALENTÍTOOOOOBOLILLOSFRESCOSPANDULCECALIENTECONCHOCOLATEDELATEODEAQUAENLATIE
NDEDEMARIASANCHEZTOMATEJITOMATEAGUACATEBIENBARATOENLAPLACITAPOMADADEMARIHUANAPARATOOOOODOLOMALP
RUEBALODOSPORUNOOOO … Letztes Jahr dachte ich: Ein Notfall, der Doktor wird dringend gesucht! Oder: Ein Feuer ist ausgebrochen und alle müssen zum Löschen kommen! Oder aber: Heute ist Gemeindearbeit oder eine Tanzveranstaltung oder … Erst dieses Jahr habe ich herausgefunden, dass es der dorfeigene Werbeblock ist: für warme Brötchen und Kakao, Marihuanapomade, Avocados, Tacos und vieles mehr. Immer morgens um 6 Uhr, wenn noch alle zu Hause sind – das macht ja Sinn.
Gut, ich habe den Schlüssel für die Pista verloren – für unsere Unterkunft, in der wir alle unsere (Wert-)Sachen lagern. Grundsätzlich ist so eine Durchsage eine gute Möglichkeit, um etwas wiederzufinden. Aber jetzt wissen es alle! Kein Moto-Taxifahrer taucht auf, weshalb ich wohl doch besser das Schloss austausche. Der Schlüssel wurde schließlich auf der Baustelle wiedergefunden.
Die Lautsprecher werden wirklich für alle möglichen Ansagen genutzt – es ist das Kommunikationssystem von Quiané. So wurde damit auch die Einweihung unseres gemeinsamen Projekts laut angekündigt und verbreitet.

Ursula Hartig

Talking with Hands

A student of architecture myself, participating in this project has been a very good experience for me. Even though we don´t speak the same language, as we worked together we could observe the different mindsets on how we were thinking about architecture and approaching the hard work.
As mentioned above, communication was a great obstacle; this is no one’s fault in particular, but nonetheless I’d like to draw attention to the students and teachers who spoke Spanish, since they, without a doubt, greatly facilitated the coordination between all the participants, and showed great patience and dedication.
It is also important to highlight the kindness of everyone involved. Even though communication was very difficult, each person tried to integrate others into the activities already programmed, which made the general atmosphere pleasant and comfortable for everyone, and opened up the possibility for us Mexican students to feel free to clarify doubts regarding constructive systems, technique, material, etc.
Even though sometimes too many responsibilities had been assigned to a single person, which often influenced the efficiency and coordination of the work process, I can only once again applaud the mentality of the people who were able to carry out complex work tasks when time was short.
Also it was very interesting to see materials like earth and clay used in the construction, as these materials and the knowledge around them has been lost in a great part of Mexico. While always keeping the economic issue in mind, you were able to make the construction with these widely mistrusted materials work.
Regardless of the limitation of resources, working in a highly systematic way, in which economic, cultural and environmental aspects were taken into account, made it possible to make a worthy architecture for everyone.
In the end the work in general was very good. There are certain details that do not diminish the effort of each and every one of you. What remains for us as students is to learn from you and the way you see architecture, whereby you care about the needs of an entire community and an environmental context, not just your own interest, without forgetting that, despite having limited resources, you can do a good job with much effort and dedication, just as you did.

Ricardo Alberto Cruz Quintana

The greatest showman

I was overjoyed to be back in my country and keen to share my delight with those around me. And, as a Mexican, I don't need any particular occasion to turn a situation into a party.

Many of my fellow students were surprised to see me, the guy who back in Germany would sometimes come across as shy as he struggled to find the right words in German, singing and dancing in front of everyone and encouraging them to do the same.

And although I certainly played the fool that day, I feel that my silliness helped to promote a sense of togetherness among the students from Germany and the people of Santa Catarina Quiané, and to rid them of their inhibitions. By the end of the evening, we were all making fools of ourselves, indulging in the kind of healthy fun that is so typical in Mexico.

Miguel Vera Fernandez

Nachthemd und ein Brett

22:00: Die letzte Nacht in der pista, unserem Zuhause der letzten Wochen.
Noch mal kurz raus aus dem Schlafsaal und etwas trinken.
22:01: Warum ist das Licht in der Küche noch an?!
22:02: Jemand huscht an mir vorbei …
Gestalt Nr. 1, weiblich, im Nachthemd, mit einem langen Brett über der Schulter!
22:03: Direkt dahinter, eine weitere Person …
Männlich, Oberkörper frei, breites Grinsen im Gesicht!
… was genau geht hier vor …
22:04: Beide Gestalten verschwinden lautlos im Zimmer der ersten Gestalt!
… leichte Verwirrung meinerseits …
22:04 Auf Zehenspitzen tapse ich hinterher …
Auf das Schlimmste vorbereitet, entdecke nun auch ich den Auslöser dieses nächtlichen Schauspiels: ein ungebetener Gast, welcher sich in das Zimmer der ersten Gestalt verirrt hat.
Panisch versucht er zu entkommen, doch die Mauern sind zu hoch!
… dafür also das Brett, als Rampe für den kleinen Eindringling ...
Doch diese Hilfe nimmt er nicht an.
22:06 Der fremde Besucher flüchtet durch die Tür, hinein in den Männerschlafsaal …
… wir müssen ihn suchen …
22:07 Na gut, Handytaschenlampe an und auf den Boden, ganz leise, damit keiner aufwacht.
22:08 Ah, und da ist er auch, der verängstigte Besucher, ganz schüchtern starren mich seine runden Kulleraugen unter dem Bett heraus an. Doch da rennt er schon wieder los …
22:10 Der Kleine versucht es wieder an der Mauer. Nach wie vor ohne Erfolg.
Und da hat er die Idee … er nimmt einfach das Fenster, welches auf halber Höhe ist.
22:11 Der Eindringling springt zum Fenster, doch da hat er nicht mit dem Fliegennetz gerechnet!
Nein … mein Bett steht genau auf der anderen Seite des Fensters …
22:12 Ein spannender Kampf ist im Gange … Eindringling vs. Fliegennetz!
Gewinner: der Eindringling.
22:13 Der Kampf ist zu Ende und der Sieger springt waghalsig über MEINEM Hochbett vorbei an den kreischenden Menschen hinaus in die Freiheit …22:15 Der unerbetene Besucher ist weg, eine spannende Verfolgungsjagd mit anfänglicher Verwirrung vorbei, und zurück bleiben ein sehr wacher Haufen Mädels, schnarchende Jungs, ein unbenutztes Brett an der Wand, ein kaputtes Fliegennetz und ein paar Spuren des Kampfes in meinem Bett …Danke, Herr Waschbär, für diese Spannung in den letzten Stunden unserer pista-Zeit!

Elisa Neubauer

Auch Schleifmaschinen brauchen Liebe

Messen, sägen, fasen, schleifen. Ich hätte nie gedacht, dass es so ewig dauert, fünf Türen zu bauen. Seit sechs Tagen beschäftigt uns quasi nichts Anderes. Die Handkreissäge war von Anfang an mein Lieblingswerkzeug. Ich zersäge alles. Ich liebe es. Fast wie ein Profi achte ich bei der letzten Tür sogar darauf, wo das „Herz“ der Bretter liegt. Schleifen dauert ewig. Das Schleifpapier muss man gefühlt alle zwei Bretter austauschen, und die Kuh (= liebevolles Kosewort für unseren Bandschleifer) ist nicht das leichteste Gerät. Tag ein, Tag aus, dasselbe Spiel.
Man ist ganz in seinem Trott und arbeitet munter vor sich hin. Aber Spaß muss zwischendrin doch immer wieder sein, und das lenkt ab, so sehr, dass man nicht darauf achtet, dass die Maschine gerade das Oberteil berührt. Langsam, aber beständig frisst sich die Kuh mein T-Shirt entlang. Ich mag das Gerät, macht alles so schön glatt und weich. Plötzlich merke ich was hier eigentlich passiert. Ich schaue auf. Zwei Gesichter starren mich an, unschlüssig wie sie reagieren sollen. Ich lasse den Antriebsknopf los und versuche die schwere Maschine anders zu greifen, komme aber wieder auf den Knopf. Sie gibt Gas und frisst sich weiter nach oben. Mich kann gerade noch ein: „Äh, könnt ihr mal bitte den Stecker ziehen?!“ retten. Ich fange an zu lachen, Elena fängt an zu lachen, Andi lacht, die Schleifmaschine schweigt – zum Glück.
So, und jetzt? Ich stecke im T-Shirt, das T-Shirt im Bandschleifer. Für das erste Problem gibt es eine einfache Lösung – ich ziehe das T-Shirt aus. Jetzt haben wir nur noch ein Problem: das T-Shirt steckt im Bandschleifer.
Nach stundenlanger Fummelei und der kompletten Demontage der Maschine haben es Dio und ich geschafft, auch den letzten Fetzen Stoff herauszubekommen.
Getreu dem Motto „upcycling“ durfte ich die Reste des Oberteils nicht einfach in den Müll werfen. Dio fand es wäre durchaus noch tragbar und funktionierte es in Windeseile zu seinem neuen Arbeitstshirt um.

Anne-Maria Braun
Alle Interviews findest Du unter > Stimmen

Hokus Pokus Tinitus

Ruhe, warum ist es plötzlich so ruhig. Irgendwas stimmt hier nicht. Ich schaue auf in Richtung der in Phase I gebauten Aula. Es war mal wieder klar, dass eine weiter Gruppe sich genau in die Fluchtlinie des Rotationslasers und mir gestellt hat. Laut schreie ich über die Baustelle und wie gewohnt hören sie mich erst nach einigen Rufen, doch der Weg ist wieder frei. Doch in der Zeit haben bereits drei weitere nach der Höhe angefragt und werden schon ungeduldig. Ok also auf ein Neues. 

Das Handgerät des Lasers meldet sich mit einem schrillen Piepsen zurück. Mist immer noch zu hoch. Schnell gebe ich mit einem Handzeichen zu verstehen, dass wir noch einen Zentimeter abnehmen müssen und auf zum nächsten. Aus jeder Richtung kommen die Rufe nach einer Höhenkontrolle und im Hintergrund das stetigen Piepsen des Gerätes. Doch da ist doch noch ein Geräusch, viel sanfter und entspannter.
Langsam wache ich auf und drücke den Wecker aus. Nur ein Traum. Doch es wird nur eine Stunde dauern, bis der Ton des kleinen Handgerätes wieder ertönt. Doch wenigstens bis dahin habe ich meine Ruhe.

Fabian Menz

Hühnchen ist kein Fleisch!

Die mexikanische Küche ist weltweit bekannt für ihre Schärfe und ihre Nebenwirkungen. Um zu testen, was uns so erwarten wird haben wir schon vor ab in München einen Teambuilding Ausflug in ein mexikanisches Restaurant unternommen. Dies war natürlich problemlos durchsetzbar, denn jeder konnte bestellen was er wollte von der Karte. Wie sollte es jedoch vor Ort werden, wo es keine Menükarte geben sollte?
Bekocht wurden wir von drei mexikanischen Señoras aus Santa Catarina Quiané. Drei Mal am Tag sollten wir mit dem Besten versorgt werden, was die mexikanische Küche zu bieten hat. Aber es wäre ja zu einfach, wenn man immer 25 Leute glücklich machen könnte.
So unterschiedlich wir alle sind, so unterschiedlich sind auch unsere Essensvorlieben. Wie es in einer größeren Gruppe sich gehört hatten wir fast alles dabei Vegetarier, Pescetarier, Fleischliebhaber, Gemüsehasser, Bohnenfetischisten, Korianderabgeneigte uvm.. Zum Glück sind wir von einem Veganer verschont geblieben. Denn schon für die Vegetarier stellten sich so manche Tage als Herausforderung dar, ebenso wie für unsere lieben Köchinnen.
Das Verständnis für die vegetarische Küche ist in Mexiko nicht zu vergleichen mit der in Deutschland. Im Verlauf hat sich herausgestellt „no carne“ heißt nicht, dass es vegetarisch ist. Hühner zählen dort halt nicht als Fleisch, ebenso wie Fisch. Dies haben wir schnell gelernt, also war die Frage am Abend nicht mehr „Ist das Fleisch?“, sondern „Enthält es Fleisch, Hühnchen, Fisch oder Thunfisch?“. Denn auch Thunfisch ist natürlich kein Fisch. Aber dies soll doch nicht alles gewesen sein. Auch eine Suppe, in welcher Fleisch war oder mitgekocht wurde war für die Mexikanerinnen eine vegetarische Küche.
Es sollten aber nicht nur die Vegetarier die Meckerliesen sein, sondern auch der Koriander oder die Schärfte stelle einige vor eine Herausforderung.
Neben diesen eher kleineren Herausforderungen, welche auch alle immer gelöst werden konnten, lässt sich nur sagen: das Essen war großartig. Wir wurden mit authentischem Essen versorgt und auch unsere Vorlieben wurden gerne umgesetzt. Gab es „Kartoffelpuffer“ blieb niemals einer übrig. Auch eher untypische Gerste mit Nudeln wurden für uns gekocht, für die Abwechslung. Tortillas waren ein geliebter Bestandteil, ebenso wie Gewürze, von denen wir vorher noch nie etwas gehört hatten. Der typische mexikanische Quesillo durfte nicht fehlen. Die Salsa Dips waren für uns extra in Stufen eingeteilt, damit ein paar Mutige auch die Turbo Soße probieren konnten, was unsere Köchinnen sehr amüsiert hat. 

Linda Völkner

The Little Admirers

¿Cuánto cobrán por enseñarme el inglés? (How much do you charge for teaching me english?)
Daniel asked with is little shining eyes. Jareti laughed but secretly she wanted to show us that she knew how to say “pink”. Marcus was the quiet one. That’s how the friendship with the 3 little cousins started.

They loved to play around us or simply watch us work – we even had to set some limits on the building site to keep them safe. They’d appear around 6:30, talk a little, give us some hugs. They learnt some words in English with us, and we practiced our Spanish with them. We got to see them every day after work until the day they stopped appearing for a while. We found it weird and wondered what was happening. But then one night, when we were on our way to Feli, the kids were waiting for us on the window of their home. They explained that their granny was sick and had to stay inside. So the meeting point became their house. They’d wait for us almost every night, even when we were super late (which happened a lot!).

As a Portuguese citizen, I have the privilege to be connected to Latin America by the roots of our languages, which made the whole communication topic easier to deal with. I felt so lucky to be able to have conversations with everyone, whether in Spanish or English (too bad I never got to understand the German!), but mostly to be making friends with the kind people of Quiané, specially the little ones.

The kids had their own definition of love. And they gave us presents – pencils, drawings, toys… and this letter, that is now on my wall on the other side of the world, screaming in pink and a mix of English and Spanish: “Hello! You’re my best friend”. 

Mariana Mangas

Midnight Horrors

Meistens waren wir nach einem langen Tag auf der Baustelle so müde, dass uns allen nur noch duschen und ins Bett fallen übrigblieb. Doch in einzelnen erinnerungswürdigen Nächten passierten die interessantesten Dinge. Seien es diverse Tiere in der Unterkunft oder abgesägte Wälder im Schlafsaal. Wir alle wussten von unseren unterschiedlichen Eigenheiten während des Schlafens, das harmloseste war das Schnarchen. Linda hingegen warnte uns schon am Anfang, dass sie hin und wieder schlafwandelt und im Schlaf redet. Allerdings hielt sich das bis zu jener Nacht in Grenzen…
Auch in besagter Nacht fielen wir alle todmüde ins Bett und schliefen schon tief und fest, als plötzlich verzweifelte Ausrufe den ganzen Schlafsaal aufweckten. Linda rief besorgt nach Fabi, mit dem sie auf der Baustelle viel zusammengearbeitet hat (Schalungen umgebaut, Löcher gebuddelt…). Nach unverständlichem Gemurmel und einem lauten „Markus, Stopp!“ ist Elli der Kragen geplatzt. Laut ließ sie uns aus ihrem Hochbett wissen, wir sollte gefälligst alle wieder schlafen gehen. Auch Krissi in einem anderen Hochbett war kurz davor sich zu beschweren, bis uns allen klar wurde, Linda redet im Schlaf. Da ich im unteren Bett in der Nähe von Linda lag und zumindest halbwegs wach genug war, fiel die Aufgabe auf mich, Linda wieder zum Schlafen zu bringen. Ich fiel eher aus meinem Bett (es war schließlich mitten in der Nacht) und ging mit meinem Handy als Taschenlampe bewaffnet zu Linda. Die saß völlig orientierungslos in ihrem Bett. Mit dem Kopf war sie wohl eher auf der Baustelle. Als sie nach Ihren Schuhen fragte und ich ihr ihre Flip-Flops zeigen konnte, legte sie sich zufriedengestellt wieder hin und schlief seelenruhig weiter.
Am nächsten Morgen wurde die Story natürlich allen, die es nicht mitbekommen haben, weitererzählt. Linda wusste von ihrem nächtlichen Abenteuer jedoch nichts mehr.

Elena Eichinger

Tagebucheintrag Woche 1 - Kakerlakenjagd

Frisch geduscht nach der Baustelle und gemütlich sitzend mit einem Bier in unserem Wohnzimmer (die Fahrzeughalle des Dorfes, ausgestattet mit einem Tisch aus einer Holzplatte vom Gerüst der Baustelle, die auf Stühlen gelagert wird), als Anne meinte es wäre eine Kakerlake an der Wand meines Bettes. Die wird schon weiterkrabbeln und ihren Weg nach draußen finden. Von wegen! Letzt endlich stellten wir vor dem Schlafengehen das komplette Zimmer auf den Kopf, da die Kakerlake nicht mehr auffindbar war und natürlich niemand bevor sie gefunden wurde in sein Bett wollte. Ein Glück, dass ich meinen Schlafsack ausgeschüttelt habe. Da war sie! Nach langer jagt und einem Zimmer, das aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen, sind Anne und ich nach draußen um unser Leben gerannt, um die Kakerlake im Becher loszuwerden. Ab sofort geht wohl niemand mehr in sein Bett, ohne seinen Schlafsack zu schütteln. Anne hat uns danach bestens einschlafen lassen, indem sie innerhalb einer Minute erschöpft von der Kakerlakenjagd im Bett einschlief und ich weiß nicht wie viele Wälder abgeholzt hat. Wir haben uns alle gewälzt vor Lachen im Bett. Wie man nur so schnarchen kann. Die Aufregung auf der Baustelle ist anscheinend noch nicht genug, da braucht es wohl noch ein paar Kakerlaken, die uns auf Trab halten, damit wir gut schlafen, äh schnarchen.

Kristina Franzl

Ein Scheppern in der Dunkelheit

Endlich hatte man nach dem Musikgetöse Schlaf gefunden, nun wird man aus diesem unerwartet herausgerissen. Da … schon wieder! Es ist die Blechtüre zu unserem Schlafraum. Was oder wer ist das?!
Jetzt vernehme ich einen keuchenden Atem und Schritte oder ist es mehr ein Gekrabbel auf allen Vieren? Ich kann im Dunkeln nichts erkennen. Das Geräusch kommt meiner Schlafstatt immer näher, und plötzlich wälzt sich neben mir ein Körper auf meine Matratze. Jetzt kann ich ihn erkennen und erschrecke – es ist M.(*), der sofort in einen komatösen Zustand fällt! Oje, denke ich, warum bin ich der „Glückliche“? Was soll man tun, überlege ich. Ihn aus dem Bett schmeißen und riskieren, dass er sich in ein tobendes Untier verwandelt? Abwarten, ob er einen neuen Unterschlupf suchen will? Plötzlich leuchtet eine Taschenlampe auf. Die von Miguel, unserem mexikanisch-bayerischen Studenten, Dolmetscher, Frauenversteher und begnadeten Entertainer, der ebenfalls wach geworden ist. Er hat die rettende Idee! „Komm Karl“, sagt er ruhig, „wir nehmen M.’s Matratze, legen sie neben dein Bett und darauf dann M.“ Super! Wir kapern die Matratze und hiefen M. zu zweit drauf.
M. gibt keinen Mucks von sich, er ist von zu viel Alkohol offenbar wirklich tiefenbetäubt. Miguel bedeckt ihn fürsorglich mit einem Leintuch gegen die nächtliche Kälte. So können alle noch zwei Stunden schlafen.
Natürlich fehlt M. wegen seines Zustands beim morgendlichen Appell. Aber er kommt löblicherweise am späten Vormittag zur Baustelle. Um das Rätsel aufzulösen, warum M. so betrunken war: Am Vorabend fand in Quiané eine Fiesta statt. Mit Bands, deren musikalische Qualität zu wünschen ließ, die dies aber durch Lautstärke wettmachten. Ein Teil der Studierenden, darunter auch M., besuchten diese Fiesta. Dabei wurde er von Einheimischen zu Hochprozentigem eingeladen – und eine solche Einladung kann man als Gast, noch dazu aus Bayern, unmöglich ausschlagen. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen, wie kuscheln in fremden Betten.

Karl Wagner
(*) Name der Redaktion bekannt
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